Unsere Reise begann am 19.09. um 9.04 Uhr mit dem Zug in LEIPZIG, der Stadt, in der wir lebten - Micha bis zuletzt und ich mit zwei Jahren Referendariatspause. Der Reisebeginn verzoegerte sich einige Male, da der Micha sich nicht von seiner Arbeit trennen konnte. Die Verzoegerung hatte jedoch auch etwas Gutes: Will und Kerem, das Lesen des Buches "Dienstags bei Morrie" und der Tatort mit Boerne und Thiel, die einen intersexuellen Fall zu loesen hatten ("Zwischen den Ohren"). Am Montag wachten wir bereits mit einem flauen Gefuehl im Bauch auf. Nun sollte es also losgehen. Rein in die Sachen, den Schlafplatz aufraeumen, sich von unseren Gastgebern verabschieden und rauf auf die Raeder. Da fuhren wir nun mit unseren vollbepackten Eseln und alles passte wie geplant ... die Fahrradtaschen links und rechts, darauf der Rucksack, befestigt mit Spanngurten. Die ersten Meter zum Bahnhof erfuellten uns mit Stolz und Vorfreude. Im Zug dann rauschten Riesa (Gruesse an Andreas), Dresden (Gruesse an Elli und Christian), der Saechsischen Schweiz, Prag und Maehren mit den Orten Bezpravie und Usti nad Ulici vorbei. Von Maehren waren wir fasziniert und drueckten unsere Nasen am Zugfenster platt: gruene, saftige Wiesen und Waelder, ein Fluss, der seinen urspruenglichen wilden Lauf beibehalten durfte und sich entlang der Gleise schlaengelte, nebelverhangene Huegel.
Wir naeherten uns WIEN und die Hoffnung schwandt, von Capoeira-Mitgliedern aufgenommen zu werden, die uns fuer die Nacht Obdach gewaehren koennten. Am Suedbahnhof angekommen, ballte sich der Himmel dunkel ueber der Stadt zusammen und es begann zu troepfeln. Was nun? Einen Tipp erhielten wir von einer Mitreisenden - die Jugendherberge "Do Step Inn" beim Westbahnhof im 6. Bezirk. Also machten wir uns auf den Weg, begleitet von einem Niederschlag, der zunehmend staerker wurde (fuer Pflanzen ja nicht schlecht). Schliesslich standen wir im Platzregen mitten auf der Mariahilfer-Einkaufsmeile, wo Menschen wie Autos an uns vorbeieilten. Dieses geschaeftige Wien verzog sich selbst bei starkem Regen nicht von den Strassen. Wir hielten innen, wollten ueberlegen, wie es weitergeht und ploetzlich stand David vor uns, laechelnd und der Naesse ohne Schirm trotzend: " Kann ich euch weiterhelfen?" Ich war erleichert: "Oh ja, wir suchen ein Hostel, welches ganz hier in der Naehe sein soll." David laechelte freundlich und sagte: "Das kann ich euch zeigen, es liegt auf meinem Weg." ... und wir folgtem ihm. Wien erschien uns ploetzlich nicht mehr so abweisend, der beste Beweis dafuer, dass die Bewohner den Charme einer Stadt ausmachen. Auf dem Weg berichteten wir von unserem Pech mit der urspruenglich angedachten Unterkunft. David schaute uns (nochmal etwas genauer :-) an und meinte: " Ihr koennt gern bei uns schlafen, wir haben ein Gaestezimmer." Toll! So bescherte uns das Schicksal die Bekanntschaft mit drei klasse jungen Maennern und einer bezaubernden Dame (die "Herrin" des Hauses). Aus einer angedachten Nacht mit einem sehr herzlichen Empfang wurden zwei Naechte, denn eine Einladung zum oesterischen Tafelspitz mit einer wunderbaren Gesellschaft kann man nicht ausschlagen! Zudem zeigte sich das Wetter auch am folgenden Tag nicht besonders einladend: Nieselregen und die Farbe Grau. Das MUMOK und ein gregorianischer Imbiss sorgten da fuer kleine Lichtblicke. Das Highlight blieb jedoch der gemeinsame Abend und daher hier noch einmal unser Dank an Frau Kraus, David, Roland und Michi! Das Essen war klasse und ihr seid es sowieso :-)

David hatte Recht: die Sonne liess sich Mittwoch Vormittag mit einem Schmunzeln und am Nachmittag dann lachelnd sehen. Bestes Wetter, um in die Radtour zu starten. Der Donauradweg zwischen Wien und Hainburg stellte sich jedoch als etwas monoton heraus. Man faehrt fast immer streng geradeaus, links und rechts Wald. Es aehnelt einem Highway fuer Radler. Die Donau darf man dabei nur sehnsuechtig erahnen. Jedoch eroeffneten sich immer mal wieder sehr schoene Ein- und Durchblicke - so die Adern der Donau, die sich bis zu unserem Dammweg vortasteten, romantisch bestueckt mit Schwaenen, Reihern oder umgestuerzten Baeumen. Um auch einmal die Donau zu Gesicht zu bekommen, machten wir in Orth einen Abstecher zur Schiffsmuehle.

Dann sagten wir wieder: "Tschuessi und bis nachher in Bad Deutsch-Altenburg." Ja und beim Ueberqueren der langen langen Bruecke von der einen Donauseite zur anderen, um Bad Deutsch-Altenburg zu passieren, blieb uns der Atem weg. Unter uns eroeffnete sich eine fasznierende Landschaft aus einer seltenen Vogelperspektive. Wer schon einmal den Baumkronenpfad in Hainich besucht hat, der kann sich vorstellen, in welcher Hoehe uns die Bruecke ueber die Baeume und Donau fuehrte. Und vor uns sahen wir die Hundsheimer Berge sowie die Burg von Hainburg.

Aufgrund der vorangeschrittenen Zeit, einem starken Hungergefuehl im Bauch und der Faszination vom Gesehenen beschlossen wir, uns auf dem Zeltplatz in Petronell-Carnuntum niederzulassen. Am folgenden Tag begaben wir uns auf die Spuren der Roemer, die hier in der Vergangenheit siedelten.

Kurz zu unserem Zeltplatz: eine Tennishalle am Rande der Ortschaft mit geschlossener Gastro und einer kleinen Wiese nebenan... also kurzum familiares Zelten mit Dusche in der Halle.
Wem die roemische Besiedlung in dieser Gegend an dieser Stelle interessiert, der stille seinen Wissensdurst ueber das Internet :-) Ich fand es sehr hilfreich, in den Haeusern, Thermen und Amphietheatern zu wandeln, um einen Eindruck vom Leben der Roemer zu erhalten. Besonders interessant war hierbei die Hypokaustenheizung, mit der sich Fussboden und Waende wunderbar beheizen liessen. Micha konnte dem Ganzen weniger abgewinnen. Ihn stoerte die fast vollstaendige Rekonstruierung auf Grundlage der Grundmauern, wodurch die zeitgeschichtliche Atmosphaere verloren ging. Freude empfand er erst wieder, als wir den Tag mit einer genialen Aussicht vom Braunsberg aus verabschiedeten. Die Lichter Hainburgs leuchteten, der Himmel faerbte sich roetlich und die Donau schmiegte sich sanft in die Landschaft.

Abends luden uns unsere Zeltnachbarn Marlen und Markus zum Wein und Gespraech ein - ein gelungener Abschluss.