Reisemuedigkeit in Auroville
19/01/ bis 30/01/2012 - Was bestimmte die 1 1/2 Wochen, die wir in Auroville verblieben?
Zum einen war es die Suche nach den verschiedensten Gruenden, die Menschen dazu bewegen, ihr Herkunftsland zu verlassen, um in einer indischen Povinz namens Auroville zu leben. Dann die Frage, was Auroville ist (Ideen und ihre Realisierung) ... Und schliesslich eine Reisemuedigkeit, die sich nun durch den kontinuierlichen Ortswechsel einstellt. Damit einher geht eine steigende Vorfreude, was die Heimkehr und den gefuehlten Neubeginn betrifft.
Um fuer unsere ersten Fragen ansatzweise ein Gefuehl zu bekommen, besuchten wir einige Einrichtungen und sprachen mit Aurovillanern. Anfangs war es nicht leicht. sich in diesem Auroville zurechtzufinden, das weder durch ein Ortsschild bestimmt oder durch einen Zaun begrenzt ist. Vielmehr durchmischen sich indische Doerfer mit den Auroville-Einrichtungen und -Wohngemeinschaften sowie Waldflaechen. Umso verwunderlicher ist es, das Inder und die internationalen Bewohner nicht Hand in Hand miteinander zu gehen scheinen. Bei Festen, Konzerten oder Filmvorfuehrungen sind zumindest verhaeltnismaessig wenig Inder zu sehen. Zum einen liegt das natuerlich an den Lebensverhaeltnissen: von frueh bis spaet muessen die Dorfbewohner buegeln, Waesche waschen, Obst verkaufen, Essen zubereiten, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Jedoch spuert man, dass dies nur ein Grund ist und ein zwischenmenschlicher hinzukommt. Zu bedenken gab mit auch, dass die Auroville-Wohnstaetten den europaeischen Verhaeltnissen entsprechen und demnach recht luxurioes sind: grosszuegig, hell, bepflanzte Innenhoefe, Terrassen, architektonisch interessant. Im Gegensatz dazu stehen die sehr einfachen Huetten der Dorfbewohner: klein, dunkel, Sandfussboeden, staubig, loechrige Daecher. Schnell gewinnt man den Eindruck, die "Weissen" sind diejenigen, die ueber ausreichend Geld verfuegen und zudem ueber genuegend Zeit fuer freizeitliche Aktivitaeten. Die Inder hingegen muehen sich von frueh bis spaet ab, fuer wenig Geld und ohne Aussicht auf erholsame Stunden (abgesehen vom Schlaf in der Nacht).
Trotz dem anfaenglichen Maeckern kann man jedoch durchaus tolle Projekte in Auroville entdecken, so die Deepam-Behinderteneinrichtung und den Sadhana Forest.

Die Deepam-Behinderteneinrichtung wird von einer Deutschen namens Angelika Ehrle und ihrer indischen Kollegin Selvi geleitet. Da wo sich di eKinder und Jugendlichen heute in einem wunderschoenen Gebaeude nach tamilischer Bauweise bewegen duerfen, fanden die Spiele oder Behandlungen 1992 unter einem Baum im "Irgendwo" statt. Liebe. Ehrgeiz und das Gefuehl einer Berufung liessen Angelika Spendengelder sammeln und die Idee zu einer Einrichtung mit Hand und Fuss wachsen. Wir durften erleben wie die von Behinderung betroffenen Kinder morgens abgeholt werden, ausreichend Essen und Trinken erhalten, je nach Moeglichkeit haeusliche Aufgaben bewaeltigen, Zusammenhalt und Koerperbewusstsein spielerisch erfahren, Ausfluege machen. "Deepam" ist, wie es der Name sagt, ein Licht, das Waerme in die Herzen der Menschen bringt.
http://www.deepam-auroville.in/ oder http://www.deepam-auroville.de/

Ebenso begeistert war ich vom Sadhana Forest, einer Wohngemeinschaft 4 km von Auroville entfernt:
Alle Haeuser bestehen aus Naturmaterialien. Die Kompostgewinnung erfolgt durch ein Plumsklo, wo "Po" von "Pi" getrennt wird. Wasser wird aus dem Brunnen gezogen und man bekommt ein Gefuehl dafuer, wie viele Eimer eine Waesche oder Dusche benoetigt. Die Stromgewinnung erfolgt durch eine Solaranlage. Bei Schlechtwetter muss auf dem Fahrrad gestrampelt werden, um bspw. das Handy aufzuladen. Die Aufforstung sorgt fuer ein gruenes Umfeld, in dem sich auch Tiere wohl fuehlen.
Fuer die einen klingt es nach einem Leben wie vor 600 Jahren. Fuer mich ist es eine Antwort auf die zunehmende und immer mehr sichtbar werdende Zerstoerung der Erde und ihrer Ressourcen. Die mehr oder weniger dauerhaften Bewohner des Sadhana Forests wollen ein Leben in und mit der Natur - Bewusstes Konsumieren ohne Ausbeutung.
www.sadhanaforest.org
Und bewusst leben in einer Gesellschaft des Konsums und der Verschwendung kann jeder von uns. Stellen wir uns folgende Szenerie vor:
Wir sitzen bei angenehmen Temperaturen, einem Glas Rotwein und Fischgericht vor einer Abendkulisse mit feuerrotem Himmel, der sich ueber dem Meer spiegelt. Wir denken: Welt ist schoen! Bleiben wir bei der Szenerie: Ein netter Gast gesellt sich an den Tisch udn erzaehlt traurig von seinem Tauchgang unter der gerade so glitzernden Oberflaeche. Von den noch vor 5 Jahren so praechtigen Korallenriffen ist kaum noch etwas zu sehen, geschweige denn von den bunten Fischen oder Pflanzen, ihren Bewohnern. Just in diesem Moment kommt eine Fischkutter vorbei, eine lange Oelspur hinter sich herziehend und nur wenigen Fischen im Netz. Das war vor ein paar Jahren auch noch anders. Und zu guter Letzt rauscht ohrenbetaeubend ein Flugzeug vorbei, das neben dem Kerosingestank den naechsten Rotwein aus der Ferne bringt. Aus schoen wird ploetzlich unschoen. Sollten wir den Urlaubsort wechseln? Vielleicht. Eher jedoch sollte man meiner Meinung nach die Welt und ihre komplezen Zusammenhaenge verstehen lernen. Das beginnt zuhause:
- Wasser nur augenscheinlich aus dem Hahn oder der Klaeranlage. Woher kommt es? Warum sollte man Wasser sparen?
- Strom kommt nicht aus der Steckdose. Atomkraftenergie oder Oeko-Strom?
- Muell loest sich in der Tonne nicht in Luft auf. Wieviel Muell produziere ich? Was geschieht mit ihm?
Nur weil die Sonne wie eh und je taeglich auf- und untergeht, heisst es nicht, dass die Welt sich nicht veraendert. Es geschieht viel, was wir nicht wollen. Ich wuensche mir, dass mehr und mehr Menschen ihr unbewusstes Konsumieren durch bewusstes eintauschen - Verantwortung uebernehmen.
Nehmt euch Zeit fuer folgenden Filme:
- WE FEED THE WORLD - Ein Film von Erwin Wagenhofer (www.we-feed-the-world.at)
- CALL OF LIVE - FACING OF MASS EXTINCTION
- DARWINS ALPTRAUM


Wir lebten waehrend unseres Aufenthalts im Dorf Kuilapalyam und koennen folgende indische Restaurants empfehlen:
(1) Swadishta: Lecker sind hier die Samosas mit ihrer leicht scharfen Minzsosse sowie die Kachoris. Toll ist zudem, dass man hier Filterkaffee erhaelt.
(2) Richi Rich: In diesem Imbiss erhaelt man superleckeres Eis und damit hergestellte Milchshakes. Die Dosas und das Cheese-Tomato-Sandwich sollte man auch unbedingt probieren.



Links fuer Interessierte:
http://www.auroville.org/
http://www.auroville.org/health/quiet.htm oder http://www.quiethealingcenter.info/



Grobe (sowie langweilige) Uebersicht:
19/01/2012 (Do) - Ankunft am spaeten Nachmittag
20/01/2012 (Fr) - Einblicke und Anmeldungen im Besucherzentrum; Besuch des SADHANA FORESTs
21/01/2012 (Sa) - Herumkrepeln mit Rueckenschmerzen
22/01/2012 (So) - Ausflug nach Pondicherry
23/01/2012 (Mo) - Besuch des Matrimandirs, der Seifenfabrik und UDAVI-Schule;
- Ausloten, in wiefern die Idee einer Dokumentation ueber den Sadhana Forest umsetzbar ist
24/01/2012 (Di) - Ausflug nach Pondicherry, um eine Visaverlangerung zu beantragen (nicht erfolgeich);
- Besuch des QUIET HEALING Centers am Strand
25/01/2012 (Mi) - Besuch der DEEPAM-Einrichtung und der NEW CREATION SCOOL
26/01/2012 (Do) - Tagesausflug nach Tiruvannamalai
27/01/2012 (Fr) - Ein Tag, an dem nichts wirklich klappen wollte
28/01/2012 (Sa) - Oeko-Farmer-Fest in SOLITUDE mit Musik und leider wenig Indern