Mit erwartungsvoller Vorfreude liefen wir durch ein Gassengewirr, links, rechts, rechts, links, schnell weiss man als "Newcomer" nicht mehr, wo man sich befindet, vorbei an Wohnhaeusern, Tempelnischen, denen die Zeit einen morbiden Charme verpasste, springend ueber Kuhfladen, schlaengelnd um Pfuetzen und schlafende Hunde (verwahrloste herrenlose Kreaturen) und ploetzlich endet eine Gasse und man steht am Rande der Stadt. Der Blick geht in die Weite, vor den Fuessen fuehren etliche Stufen hinab zu einem Fluss, der von den Indern so unheimlich verehrt wird. Unser Blick fliesst mit dem Strom des Ganges und wir folgtem ihm laufend, einen Ghat nach dem anderen passierend. Um die 100 Ghats zeigen spirituelle Waschungen, Cricket spielende Jungen, ihre Dienste anbietende Bootsmaenner, Maedchen, die schwimmende Boetchen mit Kerzen verkaufen, Fischer, Waescher, Kuehe, Hunde, Meditierende, Leichenverbrennungen, Betende. Es ist wunderbar, dieses bunte wie vielfaeltige Treiben von den Stufen aus zu beobachten. Und findet man einen netten Bootsmann, hat man vom Wasser aus nochmal einen ganz anderen Blick, begleitet von der Serenade: "In einer Nacht am Ganges, im Mondenschein begann es, der Maharadscha war mit ihr allein."

In den Genuss des Liedes kamen wir leider nicht, jedoch werden wir es zurueck in Erfurt sicherlich nachholen (PS: Der Saenger ist Michas Papa Guenter). Um dem heiligen Fluss die Verehrung zu zeigen, wird jeden Abend gegen 19.00 Uhr eine einstuendige Zeremonie zelebriert. In einem Meer voller Stimmen, Lichter, Musik schwingen auf einem Bluetenteppich stehende junge Maenner in traditioneller Kleidung Feuerkelche, kuschelige Wedel, Tuecher oder blasen eindrucksvoll in ihr Muschelhorn.

Waehrend sich die Menschenmassen normalerweise danach aufloesen, blieben sie am 20.02. und feierten die ganze Nacht Shivas Geburtstag an verschiedenen Ghats. Davon bekamen wir jedoch nicht viel mit, da uns Michas Fieber und Unwohlsein nach Hause dirigierten. Und da waeren wir bei den unangenehmen wir traurigen Ereignissen.
Am 16.02.2012 reichte mein Opa seiner Frau die Hand und geleitete sie ins goettliche Himmelreich, wo meine Seele sie in ferner Zukunft hoffentlich wieder umarmen darf.
Am 17.02., einem Tag voller Trauer, bekam Micha am Abend auch noch hohes Fieber, welches trotz unserer Reiseapotheke kaum sinken wollte. Am 18.02. blieb er im Bett und ich sagte die Zugfahrt nach Agra fuer den selben Tag ab. Mit den eingenommenen Medikamenten entwickelte sich die Krankheit zur Berg- und Talfahrt. Mit der Einnahme wurde das Fieber zurueckgedraengt, nach einigen Stunden gewann der Widersacher wieder an Kraft. Zum Arzt liess sich Micha jedoch erst am 22.02. in Agra bewegen.
Am Ende will ich euch jedoch mit wunderbaren Erlebnissen wie Begegnungen aus diesem Bericht entlassen, die ich bisher unterschlagen habe - Wie im Maerchen: Ende gut, alles gut.
* Wir besuchten Pankaj und Nitika in "ihrem" Krankenhaus, was wir stolz mit allen Ecken und Kanten :-) gezeigt bekamen.
* Wir trafen liebe Menschen/Traveller wieder, mit denen wir schoene Momente am Beginn unserer Reise teilten (Conni, Julia und Harry).
* Im River-Ashram fanden wir eine christliche Gemeinde, mit der wir das Mittagessen, Ansichten, Gemuetlichkeit und Sonnenschein teilten. (So eine Gemeinde moechten wir in Leipzig dann auch gern finden!)
*Der Hanuman-Tempel laed auf eine anziehende wie vertraute Weise zum Verweilen ein. Man moechte sich am liebsten zu dem alten Babus setzen, die in einem dicken Schriftbuch stoebern, zu den Hindus, die Mantren singen oder zu Geistlichen, die Pujas vorbereiten. Magisch wirkt der recht zentral integrierte knoechernde Baum, der vielleicht so alt wie derTempel selbst ist. Und schliesslich faszinieren die Saeulen und Ebenbilder der Goetter, die von tausenden Haenden mit rot-oeliger Farbe beschmiert wurden, sodass ihre Umrisse stark verwischen.
* Im Bharat-Mata-Tempel kann man im wahrsten Sinne des Wortes einen Blick auf das landschaftliche Relief ganz Indiens werfen. Dieses erstreckt sich fast ueber die gesamte Grundflaeche des Hauses, aus hunderten von Mamorplatten bestehend.
Am 21/02/2012 verabschiedeten wir uns von der Stadt und ihrem heiligen Fluss und machten uns frueh auf den Weg nach Agra, der Stadt, in der Mogulherrscher Shah Jahan in Liebe zu seiner (zweiten) Frau das umwerfende Taj Mahal erbauen liess. Kurz nach der Fertigstellung befoerderte ihn sein Sohn ins Gefaengnis, von wo aus er sein Meisterwerk nur noch spaerlich durch ein Fenster bewundern konnte. Vielleicht steckte ja aber auch die erste eifersuechtige Frau hinter dieser Intrige :-)
Empfehlungen fuer einen angenehmen Aufenthalt:
1) M.K.P Guest House, B. 3/27, (Anandomai Hospital) Shivala, 09415627361 oder 07897410300: Die Zimmer sind zwar nicht die oberwucht, jedoch sauber und ohne Ungeziefer. Um so netter und hilfsbereiter sind dafuer Pappu und Sonu sowie der Koch Shivam, der leckere Gerichte zaubert und sie auf dem Dachrestaurant serviert (Doppelzimmer 300 RS).
2) Om Rest House, D.24/32A, Pandey Ghat: In dieses Guesthouse haben wir nur einen Blick hineingeworfen, waren jedoch angetan von der Atmosphaere und Freundlichkeit (Doppelzimmer 280 RS)
3) Der River-Ashram (nahe dem Shivala Ghat) laed immer auf einen gemeinsamen Tee ein. Am Sonntag stehen die Tueren zum absolut leckeren Mittagessen offen. Tel.: 09794113677