Von Györ aus geht's weiter
Geplant war die Route Györ - Esztergom auf der ungarischen Seite der Donau. Unsere Raeder rollten eben an Bábolna und Nagyimánd vorbei bis nach Kocs, wo wir uns an einem ABC-Shop staerkten. Die netten Damen hinter dem Thresen verwöhnten uns mit einer Kostprobe ihrer Traubenernte und dem daraus hergestellten Most. Nachdem wir mit Haenden, Füssen und ein paar Brocken Ungarisch unsere Route erklaert hatten, verabschiedeten wir uns zufrieden. Die Ungaren treten uns wirklich sehr freundlich entgegen - und das liegt bestimmt nicht nur an Michas freiem Oberkörper (Hitzemassnahme). In Tata angekommen hatten wir bereits bergauf und -ab fahren müssen. Die schlimmste Steigung stand uns jedoch noch bevor. Aber erstmal kurz zu Tata: Dieses kleine Staedtchen besteht prozentual aus recht viel Wasser. Den touristischen Anziehungspunkt bildet der Alte See mit seiner Wasserburg und wir können bestaetigen, dass dies zurecht so ist. Auch die Türken fanden es klasse und wollten die Stadt immer mal wieder erobern.

Unser Weg führte uns ohne Eroberungsmassnahmen entlang der Burgpromenade, vorbei an der Cifra-Mühle und dem achteckigen Uhrturm von Josef Eder nach Dunaszentmiklos, das circa 7 km entfernt lag. dort angekommen, war ich fix und fertig! Die benötigte Wegstrecke und Zeit möchte ich an dieser Stelle auch nicht vergleichen. Jedoch gab es eine Belohnung: super Aussicht über die Weinberge und Donau sowie eine Kostprobe von den süssen Weintrauben und dem daraus hergestellten Most im Hotel Hilltop. Neben der tollen Aussicht und dem leckeren Wein hat das Hotel bestimmt noch anderes zu bieten und kann daher von uns für "Luxusliebhaber" empfohlen werden.

Für uns ging's jedoch wieder im rasenden Tempo die Serpentinen hinab zum Campingplatz direkt an der Donau, der ebenfalls ein Verwöhnprogramm bietet. Wir waren jedoch die Einzigen, da die Saison so gut wie vorbei ist. Unser Ziel Esztergom wurde auf den naechsten Tag verschoben.
Fazit: Wandern in den Bergen ist klasse, mit dem Fahrrad ist es BLÖD. Micha hat jedoch immer fein auf mich oben gewartet.
Den naechsten Tag starteten wir gutgelaunt mit einer Motorbootstour auf der Donau. Dies war sehr kraeftesparend, verscheuchte jedoch auch laut ratternd alle Vögel. Ich nahm es in Kauf, da unser bikeline-Fuehrer prophezeite, es gehe heute immer mal wieder "bergauf und bergab". Die Realitaet sah dann anders aus - es ging fast nur bergauf! Ich aechzte und verfluchte jeden Anstieg, der hinter der Kurve auf mich lauerte. Schliesslich ging es auf einer stark befahrenen Strasse nach Esztergom, wo wir zu allem Übel auch noch das wahrscheinlich schlechteste Restaurant erwischten. Für mich war der Tag spaetestens jetzt gelaufen. Eine positive Wendung brachte dann der Burgberg und die dort errichtete Basilika, die als Wahrzeichen fast aus allen Ecken der Stadt sichtbar ist. Weiter ging es mit dem Fahrrad bis nach Visegrad, wo wir erschöpft in den Schlafsack fielen. Die uns begleitende Landschaft war bezaubern, wozu auch das Abendlicht beitrug. Hierzu sei aus unserem Führer zitiert: Beim Donauknie "zwaengt sich die Donau zwischen steile Berghaenge, die zum Teil aus vulkanischem Gestein und zum Teil aus dem nachgiebigen Kalkstein bestehen."
Nach einer Nacht auf dem Zeltplatz schauten wir uns das Knie dann von oben aus an (Hochburg). Die Sonne schien, der Aufstieg wandt sich zwischen Wald und Fels, wir waren guter Dinge und beobachteten die Faehre, die uns kurze Zeit spaeter nach Nagymaros übersetzen sollte.

Von dort aus führte endlich wieder mal ein bezaubernder Fahrradweg entlang der Donau statt an der Strasse. In Vác nahmen wir wieder die zweite Faehre zurück und folgten dem Radweg über Szentendre nach Budapest, wo wir uns nun bereits ein paar Tage befinden. Bevor es jedoch mit Budapest weitergeht, möchte ich euch Szentendre ans Herz legen. Selbst bei unserem kurzen Zwischenstop spürte man die betörende Atmosphaere dieser Künstlerkolonie.
mi_ke am 02. Oktober 11
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Über unsere Fahrzeuge und Gelenke
... alles laeuft weitestgehend geschmiert.
RAEDER: Michas Gangschaltung flutschte ab Hainburg nicht mehr wie gewünscht und wurde in Bratislava nochmal richtig eingestellt. Nun kann er mir wieder davonfahren. Mein Schutzblech schleifte, aber Micha sorgte schnell wieder für ausreichend Abstand zum Rad.
GELENKE: Die Oberschenkel sind ordentlich zu spüren und wir muessen uns immer gut nach einer Tour dehnen. Mein rechtes Knie schmerzte ein paar Tage, jedoch ist meiner Meinung nach Schlimmeres nicht zu befürchten.
FAZIT: Wer rastet, der rostet, hihi.
mi_ke am 02. Oktober 11
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Von Bratislava nach Györ
80 bis 90 km - von Bratislava ueber Rajka - Mosonmagyarovar - Halaszi - Hedervar nach Györ, der Partnerstadt Erfurts (http://www.erfurt.de/ef/de/rathaus/sv/partner/01322.shtml).
In Györ angekommen erwartete uns der niedlichste Zeltplatz, den ich bisher gesehen hatte. Eigentlich ist eher von einem liebevoll gestalteten Garten zu reden, in dem es eine ueberschaubare Anzahl an Zeltplaetzen gibt.

Nachdem wir uns im Zelt haeuslich eingerichtet hatten, ging es zu Fuss in die Innenstadt. Fuer einen Absacker waehlten wir eine witzig schraeg eingerichtete Bar, in die die györer Jugendlichen gern einkehren - Jugendclubatmsophaere.
Der naechtse Tag war Waschtag - 90% unseres "Kleiderschrankes" landete in der Waschmaschine und konnte bei bestimmt 25 Grad Tagestemperatur gut trocknen.
Gegen Mittag ging es dann in die Altstadt, die wir gemuetlich schlendernd entdeckten. Hier unser kleines persoenliches Fazit: Györ ist eine hübsche kleine Stadt, die man bei einem Besuch Ungarns nicht auslassen sollte. Viele barocke Sehenswürdigkeiten warten an jeder Ecke der Altstadt. Interessant ist auch das Theater, dessen Fassade teils von Victor Vasarely stammt. Und wem es zuviel Prunk ist, der kann ausserhalb des Stadtkerns den Charme kleiner ungarischer Strassen und Haeuser erleben.

mi_ke am 26. September 11
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Von Petronell-Carnuntum nach Bratislava
Das Wetter ist schoen, die Strecke nicht besonders lang und Bratislava aus der Ferne zu sehen, u.a. die zukunftsweisende UFO-Bruecke (Novy Most) und die Burg, auf der sich Busch und Putin 2005 trafen... und 2011 Micha und Kerstin :-) Wir waren bei der Ankunft őberrascht úber die niedlichen Gassen, einladend aussehenden Cafes und die herrlichen Gebaeude, sodass wir wieder einmal beschlossen, einen Tag zu bleiben und Stadt einzuatmen. Die guenstigste Variante war der Zeltplatz am Rande der Stadt, das Naherholungsgebiet der Einwohner am See Zlaté piesky. Die Wahl fiel auf einen Bungalow, in dem wir herrlich ausschlafen konnten - Ruhe, Vogelgezwitscher udn ein Gefuehl von Sicherheit, da dort ein paar "Romania" (laut Rezeptionsdame) herumschlichen. Auch ein paar Landsleute warnten uns vor ihnen, da sie mit "raffinierten" Methoden versuchten, an Wertsachen zu kommen. Hier eine: Ein als Jogger verkleideter im rosafarbenen Anzug hampelt hinter dem Wohnmobil herum, tut so, als klaue er etwas, ein anderer schreit: "Ich habe es gesehen' Er hat etwas geklaut!" Ziel ist es den Wohnmobilbesitzer nach hinten zu locken, um vorn die Wertsachen zu stibitzen. Naja. Geklaut wurde uns gluecklicherweise nichts, sodass wir nach einem Tag Stadtbesichtigung wieder vollstaendig abreisen konnten. Erlebtes in Kuerze:
- Novy Most: tolle Aussicht, Suppenklecks und Espresso fuer ganze 30 Euro
- Burg: angenehmes Wandeln entlang der Mauern
- See: morgentliches Erfrischungsbad
- Cafe KUT: Blues-Konzert am ersten Abend, dass wir bei einem leckeren Abenbdrot und slowakischem Bier geniessen durften (http://sitraachra.sk/hlavna.html).

mi_ke am 26. September 11
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Von Wien nach Carnuntum
Unsere Reise begann am 19.09. um 9.04 Uhr mit dem Zug in LEIPZIG, der Stadt, in der wir lebten - Micha bis zuletzt und ich mit zwei Jahren Referendariatspause. Der Reisebeginn verzoegerte sich einige Male, da der Micha sich nicht von seiner Arbeit trennen konnte. Die Verzoegerung hatte jedoch auch etwas Gutes: Will und Kerem, das Lesen des Buches "Dienstags bei Morrie" und der Tatort mit Boerne und Thiel, die einen intersexuellen Fall zu loesen hatten ("Zwischen den Ohren"). Am Montag wachten wir bereits mit einem flauen Gefuehl im Bauch auf. Nun sollte es also losgehen. Rein in die Sachen, den Schlafplatz aufraeumen, sich von unseren Gastgebern verabschieden und rauf auf die Raeder. Da fuhren wir nun mit unseren vollbepackten Eseln und alles passte wie geplant ... die Fahrradtaschen links und rechts, darauf der Rucksack, befestigt mit Spanngurten. Die ersten Meter zum Bahnhof erfuellten uns mit Stolz und Vorfreude. Im Zug dann rauschten Riesa (Gruesse an Andreas), Dresden (Gruesse an Elli und Christian), der Saechsischen Schweiz, Prag und Maehren mit den Orten Bezpravie und Usti nad Ulici vorbei. Von Maehren waren wir fasziniert und drueckten unsere Nasen am Zugfenster platt: gruene, saftige Wiesen und Waelder, ein Fluss, der seinen urspruenglichen wilden Lauf beibehalten durfte und sich entlang der Gleise schlaengelte, nebelverhangene Huegel.
Wir naeherten uns WIEN und die Hoffnung schwandt, von Capoeira-Mitgliedern aufgenommen zu werden, die uns fuer die Nacht Obdach gewaehren koennten. Am Suedbahnhof angekommen, ballte sich der Himmel dunkel ueber der Stadt zusammen und es begann zu troepfeln. Was nun? Einen Tipp erhielten wir von einer Mitreisenden - die Jugendherberge "Do Step Inn" beim Westbahnhof im 6. Bezirk. Also machten wir uns auf den Weg, begleitet von einem Niederschlag, der zunehmend staerker wurde (fuer Pflanzen ja nicht schlecht). Schliesslich standen wir im Platzregen mitten auf der Mariahilfer-Einkaufsmeile, wo Menschen wie Autos an uns vorbeieilten. Dieses geschaeftige Wien verzog sich selbst bei starkem Regen nicht von den Strassen. Wir hielten innen, wollten ueberlegen, wie es weitergeht und ploetzlich stand David vor uns, laechelnd und der Naesse ohne Schirm trotzend: " Kann ich euch weiterhelfen?" Ich war erleichert: "Oh ja, wir suchen ein Hostel, welches ganz hier in der Naehe sein soll." David laechelte freundlich und sagte: "Das kann ich euch zeigen, es liegt auf meinem Weg." ... und wir folgtem ihm. Wien erschien uns ploetzlich nicht mehr so abweisend, der beste Beweis dafuer, dass die Bewohner den Charme einer Stadt ausmachen. Auf dem Weg berichteten wir von unserem Pech mit der urspruenglich angedachten Unterkunft. David schaute uns (nochmal etwas genauer :-) an und meinte: " Ihr koennt gern bei uns schlafen, wir haben ein Gaestezimmer." Toll! So bescherte uns das Schicksal die Bekanntschaft mit drei klasse jungen Maennern und einer bezaubernden Dame (die "Herrin" des Hauses). Aus einer angedachten Nacht mit einem sehr herzlichen Empfang wurden zwei Naechte, denn eine Einladung zum oesterischen Tafelspitz mit einer wunderbaren Gesellschaft kann man nicht ausschlagen! Zudem zeigte sich das Wetter auch am folgenden Tag nicht besonders einladend: Nieselregen und die Farbe Grau. Das MUMOK und ein gregorianischer Imbiss sorgten da fuer kleine Lichtblicke. Das Highlight blieb jedoch der gemeinsame Abend und daher hier noch einmal unser Dank an Frau Kraus, David, Roland und Michi! Das Essen war klasse und ihr seid es sowieso :-)

David hatte Recht: die Sonne liess sich Mittwoch Vormittag mit einem Schmunzeln und am Nachmittag dann lachelnd sehen. Bestes Wetter, um in die Radtour zu starten. Der Donauradweg zwischen Wien und Hainburg stellte sich jedoch als etwas monoton heraus. Man faehrt fast immer streng geradeaus, links und rechts Wald. Es aehnelt einem Highway fuer Radler. Die Donau darf man dabei nur sehnsuechtig erahnen. Jedoch eroeffneten sich immer mal wieder sehr schoene Ein- und Durchblicke - so die Adern der Donau, die sich bis zu unserem Dammweg vortasteten, romantisch bestueckt mit Schwaenen, Reihern oder umgestuerzten Baeumen. Um auch einmal die Donau zu Gesicht zu bekommen, machten wir in Orth einen Abstecher zur Schiffsmuehle.

Dann sagten wir wieder: "Tschuessi und bis nachher in Bad Deutsch-Altenburg." Ja und beim Ueberqueren der langen langen Bruecke von der einen Donauseite zur anderen, um Bad Deutsch-Altenburg zu passieren, blieb uns der Atem weg. Unter uns eroeffnete sich eine fasznierende Landschaft aus einer seltenen Vogelperspektive. Wer schon einmal den Baumkronenpfad in Hainich besucht hat, der kann sich vorstellen, in welcher Hoehe uns die Bruecke ueber die Baeume und Donau fuehrte. Und vor uns sahen wir die Hundsheimer Berge sowie die Burg von Hainburg.

Aufgrund der vorangeschrittenen Zeit, einem starken Hungergefuehl im Bauch und der Faszination vom Gesehenen beschlossen wir, uns auf dem Zeltplatz in Petronell-Carnuntum niederzulassen. Am folgenden Tag begaben wir uns auf die Spuren der Roemer, die hier in der Vergangenheit siedelten.

Kurz zu unserem Zeltplatz: eine Tennishalle am Rande der Ortschaft mit geschlossener Gastro und einer kleinen Wiese nebenan... also kurzum familiares Zelten mit Dusche in der Halle.
Wem die roemische Besiedlung in dieser Gegend an dieser Stelle interessiert, der stille seinen Wissensdurst ueber das Internet :-) Ich fand es sehr hilfreich, in den Haeusern, Thermen und Amphietheatern zu wandeln, um einen Eindruck vom Leben der Roemer zu erhalten. Besonders interessant war hierbei die Hypokaustenheizung, mit der sich Fussboden und Waende wunderbar beheizen liessen. Micha konnte dem Ganzen weniger abgewinnen. Ihn stoerte die fast vollstaendige Rekonstruierung auf Grundlage der Grundmauern, wodurch die zeitgeschichtliche Atmosphaere verloren ging. Freude empfand er erst wieder, als wir den Tag mit einer genialen Aussicht vom Braunsberg aus verabschiedeten. Die Lichter Hainburgs leuchteten, der Himmel faerbte sich roetlich und die Donau schmiegte sich sanft in die Landschaft.

Abends luden uns unsere Zeltnachbarn Marlen und Markus zum Wein und Gespraech ein - ein gelungener Abschluss.
mi_ke am 24. September 11
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