Donnerstag, 10. November 2011
Bukarest
Ankunft am So, den 23.10.2011
Bukarest gefällt uns sehr. Warum? Das ist anfangs schwer in Worte zu fassen und lässt sich erst nach längerem Aufenthalt sagen. Vielleicht die hellen prachtvollen Gebäude der 60er / 70er Jahre, vielleicht der großzügig vorhandene Platz zum Atmen zwischen den Häusern, vielleicht die sympathischen Parkanlagen, vielleicht das Antreffen vieler Kulturen (u.a. eine junge deutsche Frau aus Cottbus, die hier als Kindergärtnerin arbeitet), vielleicht der Kontrast zwischen alt und neu, modern und traditionell. Wir haben das Glück, weniger Tourist zu sein, sondern vielmehr Besuch. Das Schicksal machte uns mit Lori und seiner Schwester Zsofie bekannt, die uns für eine Woche ihr Zimmer in ihrer WG überließ. Von hier aus starteten wir unsere täglichen Entdeckungstouren allein oder gemeinsam. Nun ratet mal, wo wir waren: Ameisengleich standen wir vor dem zweitgrößten Bauwerk der Welt, bunt bewegten wir uns zwischen Nonnen und Mönchen, mit erhobenen Blick starrten wir dem weltweit am vollständigsten erhaltenen prähistorischen Elefantenskelett in seine nicht vorhandenen Augen, bezaubert verfolgten wir die grazilen Bewegungen von "Giselle".
Darüber hinaus gab uns unsere Freundin Madi, Christians Tochter, viel geistigen Input und ließ Budapest in seiner politischen und religiösen Dimension fassbar werden. Hier möchte ich den Interessierten den folgenden Artikel empfehlen: http://www.art-magazin.de/szene/30729/kunstszene_bukarest_rumaenien (2 Seiten)

Nachdem uns Zsofia und Andrea (Vielen, vielen Dank!!!) über eine Woche beherbergt hatten und ein Ende unseres Aufenthalts noch nicht in Sicht war, zogen wir zu Radu um.
KONKRET: Der vor der Tür stehende Herbst, geschlossene Campingplätze, eine etwas monotone Landschaft, die vorangeschrittene Zeit führten zum Entschluss, die Fahrradtour in Bukarest zu beenden. Also hieß es Fahrräder zusammenpacken, Visum besorgen und Flugtickets kaufen. Jedoch lag Michas Pitlock-Schlüssel, der für die Fahrraddemontage notwendig ist, in Deutschland und wollte mit der Post einfach nicht eintrudeln. Auch die indische Botschaft stellte sich quer und rückte kein Visum heraus.
LÖSUNG: Ab zum Fahrradladen, wo das Sicherheitssystem auch ohne Pitlock-Schlüssel geknackt wurde, und ab nach Berlin, um die Einreisegenehmigung für Indien zu erhalten.
POSITIV: Neben einem sehr angenehmen Menschen (Radu) und seinem vierbeinigen Begleiter Madball lernten wir auch nochmal einen recht schönen Stadtteil von Bukarest näher kennen.
Ich kann meine Familie nochmal in den Arm nehmen!
Und da Berlin nun Ausgangspunkt der Indienreise ist, werden wir hier auch wieder ankommen (Hin- und Rückflug)... und sind zuhause.



Dienstag, 1. November 2011
BULGARIEN - RUMAENIEN
Am 18. Okt. passierten wir die bulgarische Grenze bei Bregovo und fuhren bis nach Vidin. Am 19. Okt. brachte uns die Fähre ins rumänische Calafat. Bulgarien und Rumänien, im Gegensatz zu Serbien EU-Länder, zeigten uns Feldermeere so weit das Auge reicht, Pferdefuhrwerke, Ziegen- und Schafherden, umherlaufende Gänse und Puten, abgemagerte Hunde und langezogene Dörfer. Fahren wir entlang der nicht enden wollenden Dorfstraße, fühlen wir uns wie auf dem Laufsteg im besonders ausgefallenen Dress ... Kinder rufen, kommen angerannt, um abzuklatschen, die vor ihren Häusern Sitzenden blicken interessiert und grüßen. "Es gibt in Rumänien gute und weniger gute Menschen", warnte uns der hilfsbereite Christian, deren Töchter in Bukarest studieren. Und so versuchten wir unser letztes Balkanland mit Vorsicht kennenzulernen.

ROUTE: Calafat - Poiana Mare - Bechet - Corabia - Turnu Magurele - Bukarest
In Corabia trafen wir wieder die "guten" Menschen, die gern helfen, wenn Hilfe benötigt wird... und Micha benötigte sie. Er wollte mich mit seiner Manneskraft beeindrucken und zeigte mir, dass man auch mit einem angeschlossenen Fahrrad weit kommen kann. Nur brach bei den ersten Zentimetern die erste Speiche und das Vorhaben fand ein schnelles Ende. Weniger beeindruckt war mir klar, dass der restliche Nachmittag mit der Fahrradreparatur gefüllt war. Also machte ich es mir in der Unterkunft gemütlich und Micha fand Gabriel, um sein Rad wieder in Ordnung zu bringen.
Hier sollte erwähnt werden, dass es in Corabia keinen Fahrradladen gibt, der Material wie Werkzeug zur Verfügung stellen konnte. So fanden die zwei eine "neue" verrostete Speiche bei Gabriels Fahrschullehrer, Werkzeug in der Werkstatt von Gabriels Vater. Gabriel entpuppte sich zudem als dufter Typ, mit dem es sich nach getaner Arbeit auch gut Kakao und Kaffee trinken ließ ;-)
Kurz zu Gabriel: Wie einige andere junge Rumänen fühlte er sich gezwungen, die Heimat zu verlassen. Denn in Rumänien findet man schwer einen Job und wenn, dann ist das Gehalt miserabel. Vor zwei Jahren begann er daher in einer norwegischen Eisfabrik sein Geld zu verdienen, genauso wie auch einige seiner Verwandten. Sein Wunsch ist es, dass auch die Eltern ihm eines Tages folgen werden.

Am folgenden Tag radelten wir nach einer kurzen Stadtbesichtigung weiter ins circa 30 km entfernte Turnu Magurele, wo bei Ankunft eine prunkvolle Hochzeitsgesellschaft das orthodoxe Gotteshaus verließ: prächtige Kleider - Jubelrufe - traditionelle Musik - eine weiße Stretchlimousine - drei Gypsiekinder, für die Kälte zu leicht angezogen - ein bettelnder alter Mann, einen mit Blüten gefüllten Eimer in der Hand - zwei Fahrradreisende, das Schauspiel betrachtend. Wir verließen den Ort und radelten zum Busbahnhof, den man als solchen nur durch Nachfragen identifizieren konnte. Dort genossen wir die liebevolle Fürsorge der Kioskverkäuferin, die mich mit einem Platz am Heizer und Essen versorgte. Micha bekam auch etwas ab ;-) Schließlich schenkte sie mir noch einen Lippenstift, damit ich mich für Bukarest zurechtmachen konnte... denn da ging unsere Busreise hin. Der Fahrer begrüßte uns mit deutschen Worten, die er als Zirkusfahrer in Deutschland gelernt hatte, und brachte uns mit Sack und Pack ins geschäftige Bukarest.



Montag, 31. Oktober 2011
Serbien - Der Abschied
NEGOTIN
„In Belgrad werden die Entscheidungen getroffen und wir Kleinen ueberall in Serbien muessen sie ausfuehren und ihr ganzes Ausmaß erfahren“, erzaehlt J. Und so klopfte es unter der Regierung Slobodan Miloševic an der Tuer von J., er war circa 30 Jahre, und er musste im Schuetzengraben um die ihn voellig unbekannte Stadt Vukovar (Kroatien) kaempfen. „Da wo einst am Negotiner Bahnhof die Juden verschleppt wurden, wurden wir Maenner es nun“ und das fuer ein sinnloses Morden in einer Stadt, die nach Einnahme wieder freigegeben wurde - „Rueckzugsbefehl und keiner von uns konnte es verstehen. Schlimmer ist jedoch der Buergerkrieg, da hier die Landsmaenner gegeneinander kaempfen. Wem soll man da vertrauen?“ So kam es, dass in Negotin oder Belgrad Menschen ermordet wurden und die Taeter keine Strafen fuerchten mussten; ausser die der gegnerischen Seite...
Dies und einiges mehr erfuhren wir von J. Nur was duerfen wir an dieser Stelle der Oeffentlichkeit preisgeben? Wir lassen es lieber bei der kleinen Schilderung und erzaehlen bei Interesse spaeter gern mehr.
NEGOTIN - der Name dieser Stadt beschreibt gut, was Serben brauchen. Sie rauchen gern und vor allem in Bars, Cafes und Restaurants. Wir haben uns schnell daran gewoehnt und wenn der Dunst sich nicht mehr verzog, dann taten wir es.
Und was denken wir ueber SERBIEN? Serbien war unserer Meinung nach einst ein sehr fortschrittliches und modernes Land, welches den westlichen Laendern ins nichts nachstand. Territoriale Uneinigkeiten, Kriege, Machtbestrebungen haben es um Jahrzehnte zurueckgeworfen, was viele Bewohner sehr traurig stimmt. Landschaftlich und kulturell hat es viel zu bieten und waere ein touristischer Anziehungspunkt. Wir wuenschen den Menschen alles Gute fuer die Zukunft und vor allem ehrliche Politiker, die sich um Land und Leute kuemmern.
MAN FUEHLT SICH NUR SO LANGE FREMD IN EINEM LAND, SOLANGE MAN KEINEN KONTAKT ZU DEN EINHEIMISCHEN HAT UND SIE EINEM FREMD ERSCHEINEN UND MAN SICH SELBST FREMD FUEHLT.



Serbien - Radler mit Honig gesüßt
Der naechste Tag begann sehr verregnet und verzoegerte unsere Abreise auf 14 Uhr. Fuer Verzoegerungen sorgten auch die holprigen Dammwege, die uns nach Stara Palanka zur Faehre fuehrten. Und hier muss mal gesagt werden, dass der Begriff „Fahrradweg“ gaenzlich ein falscher ist. Passend waeren Bezeichnungen wie „Schafweg“ oder „Ziegenweg“, denn jegliches mit Raedern ausgestattete Mobil wuerde den Rueckzug antreten (außer Panzer). Die Ueberfahrt mit der Faehre war jedoch herrlich und ab Ram ging es ueber Luxusstrassen durch sehr huebsche Ortschaften entlang der Donau nach Srebrno Jezero, wo wir uns ein luxurioeses Zimmer nahmen und bei serbischer Musik im Fernsehen ins kuschlige Bett fielen.
Am naechsten Tag durchradelten wir die Pracht des Nationalparks Đerdap, die größte Flussklippenlandschaft Europas. Felsenhaenge, waldbewachsene Berge und schliesslich die Festung Golubac faszinierten uns sehr.
Mit staunenden Augen gelangten wir zu einem Campingplatz, der natuerlich geschlossen war. Egal, es war erst 16 Uhr und wir nahmen den Stop als Anlass, eine Essenspause einzulegen. Micha kam ins Gespraech mit dem dortigen Imker Ignat (74 Jahre) und wir nahmen die Mahlzeit bei Tee, gesuesst mit Honig gemeinsam ein. Es stellte sich heraus, dass Ignat ein Bienenexperte ist, der fuer seine Innovationen bereits Preise erhalten hat. Daneben zaubert er aus Kraeutern schmackhafte Getraenke mit belebender Wirkung. Dies demonstrierte er uns mit Kniebeuge und einer 1A-Standwaage. Seitdem wir bei Ignat waren koennen Micha und ich auch locker 200 km am Tag fahren :) Vor lauter Essen, Trinken und Reden vergassen wir die Zeit, es wurde dunkel und wir durften im Wohnwagen uebernachten (wieder einmal).
Ignat ist ein witzig-charmanter Mann, dessen Bekanntschaft wir nicht missen moechten. Mit einem Laecheln im Herzen setzten wir unseren weg am naechsten Morgen fort. Die Landschaft blieb so schoen wie am Tag zuvor und da der Weg nun oefter auch nach oben ging, konnten wir sie auch aus der Vogelperspektive erleben. Genial waren die Abfahrten! Wie in einer Wasserrutsche sausten wir hinab, unter uns die sich dahinschlaengelnde Donau, der Wind pfiff um die Ohren, nur plumpsten wir nicht ins Wasser, sondern verlangsamten unsere Geschwindigkeit entlang des Ufers und blieben trocken.
In Donji Milanovac schaffte es erstmals ein serbischer Hund, eine Packung Wuerste von uns zu erbetteln. Dieser Freelancer hatte mit seinem Hundeblick den Dreh raus. Wuerde unser Weg wieder nach Deutschland fuehren, waere es ein Kandidat fuers Reisegepaeck gewesen.
Allgemein laesst sich sagen, dass die serbischen Streuner wirklich huebsche Mischungen sind, meist entspannt, manchmal auch giftig.
Schliesslich passierten wir die engste Stelle der Donau, die so einigen Seemaennern vor dem Bau des „Eisentores“ das Leben kostete. Unser Weg fuehrte ueber Tekija, wo wir eine Nacht blieben, Kladovo nach Negotin, wo wir uns von Serbien verabschiedeten.



Mittwoch, 26. Oktober 2011
Serbien - Ab nach Belgrad und wieder hinaus
Am naechsten Tag ging es dann eine wirklich bloede Strecke nach Belgrad hinein, wie erst kurz vor der Hauptstadt mit Zemun und der wunderschoenen Donaupromenade spannend wurde. Mit dem Eintreffen in Belgrad kam der prognostizierte Regen und wir waren binnen kurzer Zeit nass. Wie zwei begossene Pudel standen wir da, die Strasse zu unserer Gastfamilie wissend, jedoch nicht den Weg. Micha hatte es verbummelt. Zum Glueck fanden Anja und Tasa nach einem Anruf uns, luden uns samt Gepaeck und Raeder ins Auto (kaum zu glauben!) und brachten uns trocken in ihr sehr gemuetliches Heim hoch oben auf dem Berg, wo ihre Kinder Jana und Marko sowie die Katze Ivo schon neugierig warteten. Wir blieben drei Tage und fuehlten uns auf Anhieb wie Freunde, um dessen Wohl man besorgt ist. Daher sind nach unserem Aufenthalt in Belgrad die schoensten Erfahrungen nicht die Belgrader Festung oder die Markuskirche, sondern diese vier Menschen, mit denen wir einen interessanten, kreativen und herzlichen Austausch erlebten.
Mi, den 12.10., setzten wir bei schoenem Wetter und mit etwas schwerem Herzen unseren Weg fort. Wir wechselten nicht die Donauseite, wie es unser bikeline-Fuehrer vorschlug, sondern folgten der von Anja und Tasa vorgeschlagenen Route, die eben durch eine sehr schoene Landschaft fuehren soll. Der zweite Punkt stimmte, denn wir konnten uns ueber tolle Ausblicke (Felder, Waelder und Donau) erfreuen. Die Ausblicke mussten wir uns jedoch erarbeiten und darueber schmunzeln, wie sich ein ebener Weg aus der Autoperspektive fuer Radfahrer als huegelig entpuppt.
In Smederevo machten wir eine Pause und besichtigten die widerstandsfaehigste Festung Europas, die vielen Angriffen trotzen konnte, den Bomben des 2. Weltkrieges jedoch nicht.
Die Berge hinter uns lassend ging es ueber die Donau nach Kovin und weiter zum letzten offenen Campingplatz unserer Reise. Das Zelt liessen wir jedoch im Gepaeck und suchten im Wohnwagen Schutz vor dem sich ankuendigenden Regen. Mit dem stark in die Jahre gekommenen Wagen konnte ich mich nicht so recht anfreunden, mit dem Besitzer Milos und seiner Freundin Biljana dafuer umso mehr. So sahsen wir vor Biljanas Kochkuensten und Bier zusammen und lernten das Leben der anderen kennen.



Montag, 24. Oktober 2011
Serbien - Novi Sad
NOVI SAD - Ich stieg aus den Zug aus und erlebte eine Stadt, die mir mit ihren grauen Fassaden auf den ersten Blick ausladend erschien. die Kaelte tat ihr Uebriges. Umso erleichterter war ich ueber Boris, unseren Gastgeber fuer die Nacht, der auf Anhieb sympathisch war. Zusammen mit seinem Bruder und einem Freund verbrachten wir einen sehr schoenen Abend mit serbischer Musik und natuerlich Rakija. Uebrigens hoeren die serbischen Jugendlichen gern Rammstein und deutschen Hip Hop oder Rap.
Am naechsten Tag waren etwas traurig darueber, dass Boris einen straffen zeitplan hatte und wir ihn nicht noch naeher kennenlernen durften. Aber vielleicht ja bald in Deutschland, Boris. Wir wuerden uns sehr freuen!
so entdeckten wir die Stadt allein mit einer „to do and to eat-Liste“ und entschieden uns, noch eine Nacht im sehr familiaren Hostel SOVA zu verbringen. Hier konnten wir kochen, im Netz surfen und mit dem „Hostelpapa“ Miki nette Gespraeche fuehren. Daneben wurde die Stadt mit ihrer Altstadt, der Festung Petrovaradin und ihrer bewegten Geschichte zunehmend interessanter. Und spaetestens nach dem Eintauchen ins Nachtleben ist sie uns vollends sympathisch.



Serbien - Kupusina
SERBIEN - das sind fuer uns Karl und Zdenka, Lilo, Ljilja, Nenja, Anja und Tasa mit ihren Kindern, Boris, Miki vom Hostel Sova, Biljana und ihr Milos, Ignat, Ana. „Erzaehlt den Deutschen, dass die Serben schoene und gute Menschen sind“, legte uns Lilo an Herz. Und das wollen wir tun, denn wir geben ihm Recht! Beginnen wir von vorn:
Nachdem wir die Grenze beim ungarischen Ort Hercegszántó passierten, fuehrte unser Weg vorbei an Bački Breg, Sombor, mit dem Ziel, nach Apatin zu gelangen oder auch weiter. Dabei standen wir zwei Mal vor der Entscheidung, entweder den kuerzeren Weg entlang der Hauptstrasse zu nehmen oder den Weg, den uns unser bikeline-Fuehrer vorgab und der um einiges laenger war. Nach Sombor entschieden wir uns fuer die kuerzere, stark befahrene Strasse. Von dort nach Apatin jedoch fuer den Weg ueber das dorf Kupusina entlang der Donau. Denn sind wir nicht mit dem Fahrrad unterwegs, um Land und Leute kennenzulernen? Und so kam es zu einer wunderschoenen Begegnung in Kupusina. Wir fragten nach den Weg und bekamen Rakija, Jelen Pivo (Hirsch-Bier aus der Apatiner Brauerei) und ein schmackhaftes Essen in wunderbarer Gesellschaft.
Unser Gastgeber war Lilo, der das Leben und die Liebe (drei Frauen :) geniesst. Diese Auffassung teilten auch die anderen lieben Menschen in der Runde, so Zdenka und Karl (die ihre Liebe jedoch nur miteinander teilen) Die beiden sind im damaligen Apatin (Abthausen, bis 1944 die größte deutsche Gemeinde in Jugoslawien) geboren, wanderten nach Pforzheim aus und ihr Wunsch ist es, die Altersruhe in der Heimat zu erleben. Mit den beiden trafen wir ein Stueck Geschichte - die der Donauschwaben.
Vor Einbruch der Dunkelheit besorgte uns Lilo ein Zimmer im Merry-Land, was nicht bedeutet, dass man es verheiratet wieder verlaesst :) Auch an diesem Ort durften wir in eine interessante Lebensgeschichte hineinschnuppern: das aeltere Paar Jozef und Verena begannen hier ihre Liebe in einem kleinen Haeuschen, gingen aus uns unbekannten Gruenden nach Sydney und stecken nun ihre Kraft und Leidenschaft ins serbische Merry-Land mitten im Vogelschutzgebiet nahe Kupusina. An dem nun etwas groeßeren Haeuschen haengt eine Art Grabstein mit dem Heiratsjahr 1977, zwei eingemeißelten Portraits und darunter das jeweilige Geburtsdatum. Eine Luecke blieb bisher - das Sterbedatum.

Ausgeschlafen pirschten wir uns am naechsten Morgen an die serbische Vogelwelt heran, um mehr oder weniger erfolgreich den Buntspecht, die Schwaene, Reiher oder Komorane vor die Linse zu bekommen. Mit ein paar Schnappschuessen im Gepaeck ging es nach Apatin zum Fruehstuecken. Gestaerkt registrierten wir dabei skeptisch eine dunkle Wolkenwand, die sich zunehmend ueber uns zusammenzog.
Nach langem Ueberlegen und Erfragen des rechten Weges entschieden wir uns fuer die Zugfahrt nach Novi Sad. Auf dem Weg zum Bahnhof stoppte uns jedoch ein Pfiff - Lilo rief uns aus einer Kneipe winkend heran. Wir stiessen natuerlich mit Rakjia auf das Wiedersehen an und vertrauten schliesslich seiner positiven Wetterdiagnose fuer den Tag. Nun ging es also doch mit dem Fahrrad weiter und wir durchquerten das NSG Obere Donau. Ihre urwuechsige Landschaft praesentierte sich beiderseits unseres Dammweges und liess uns oft erfuerchtig innehalten. ein herrlich-witziges Bild ergab sich, als sich rechterhand eine Bache mit ihren Frischlingen und linkerhand vom Damm die domestizierte Variante in Form einer wild umherflitzenden Ferkelgruppe zeigte. So sehr ich hier lachte, so aufgeregt war ich, als ich meines Erachtens einen Wolf identifizierte. Fuer ein Untersuchungsfoto war er zu schnell verschwunden und daher bleibe ich einfach in dem Glauben, einen Isegrim in freier Wildbahn gesehen zu haben und freue mich darueber.
Nach einigen Kilometern holte uns die dunkle Wolkenwand nun doch ein und wir brachten uns in letzter Sekunde in Fischerhuetten in Sicherheit. Und mit dem Regen, es war unglaublich, kam der Herbst!
Schlagartig war es kalt und die Sommersachen wichen der waermenden Kleidung. Kaelte und Wind trieben uns in Bogojevo zum Bahnhof, wo uns der Zug auflud und nach langer Fahrt in Novi Sad ausspuckte. Und hier empfing uns Boris laechelnd.



Was wir euch sagen wollen ...
... es ist wunderschoen, dass es euch gibt!
Jedes Mal, wenn wir unseren Blogg oeffnen, schauen wir neugierig in das Gaestebuch und freuen uns ueber eure Anteilnahme und eigenen Erlebnisse.
Danke STEFAN, dass du uns an der Taufe von Maya ueber diesen Weg teilhaben laesst. Das Hochladen der Fotos ist eine super Idee!
CHRISTIANE und RENE, ich muss sonntags nun immer an euch denken und fuer den naechsten Sonntag gibts nun auch mal wieder was auf dem Blogg zu lesen.
MUTTI, es ist eine wunderbare Idee, der Oma die Reiseberichte mitzubringen und vorzulesen.
MICHI, was machen Sarah, Buddy und Studium?
Herzliche Gruesse ins herbstliche TEMPELFELDE!!
Und MONI, du kannst immer gern zu uns stoßen... ich habe da gar keine Angst :)
Mama und Papa ANDRES, der Micha wartet sehnsuechtig auf ein Lebenszeichen von euch. Wie habt ihr die polnische Ostsee erlebt?

Seid gedrueckt und geknutscht,
euer Micha und eure Kerstin



Sonntag, 9. Oktober 2011
Von Budapest nach Baja
Die Route fuehrte uns ueber Tököl, Ráckeve, Dömsöd, Dunavecse nach Dunaföldvar auf den Zeltplatz. Die Strecke bestach ab Ráckeve durch ihre landschaftliche Schoenheit - die von Weiden und Schilf gerahmte Ráckevei-Duna, in der die Sonne glitzerte, das idyllisch-verschlafene Dorf Dömsöd, der Dammweg, vorbei an Schafen und ihren Hirten. Nach bestimmt 100 km freuten wir uns nach diesen tollen Eindruecken auf eine warme Dusche und ein Glas Wein in der benachbarten Kneipe. Und hier sei gesagt, dass ein Tag auf dem Fahrrad ohne anschliessende Dusche uns fast unmoeglich erscheint und bei solch einer Tour unbedingt dazugehoeren muss, um sich abends auch noch im Zelt riechen zu koennen. Man denke nur an Michas Stinkefuesse! :-)
Am folgenden Tag besichtigten wir die schnuckelige Burganlage Dunaföldvars und traten dann wieder in die Pedalen, mit dem Ziel, Baja zu erreichen. In Bölcske machten wir einen spontanen Abstecher zu den roemischen Ausgrabungen des Ortes. Und hier konnte ich die vergangenen Strapazen der Roemer gut nachvollziehen. Wir schleppten unsere voll beladenen Karren Schritt fuer Schritt den steilen Huckelweg vorbei an Bestien (riesige, bellende Hofhunde, die zum Glueck gut verschlossen waren) hoch zur Anlage (um die Steine abzuladen).
Nach staunenden Blicken ueber Felder und Waelder setzten wir energiegeladen unseren Weg fort. In Paks entschlossen wir spontan, Baja ueber den Nationalpark yu erreichen. Dafuer nahmen wir 10 km die bloede Hauptstrasse 6 in Kauf, auf der uns die stinkenden Autos ihre Abgase ins Gesicht pusteten und von der linken Seite her das erste ungarische Atomkraftwerk winkte/strahlte. Ab Fadd wurde es wieder schoen, wo ich bei einer Pause einen Kaffee genoss und Micha sich von zwei Jungen ungarische Bloedeleien beibringen liess. Zurueck an der Donau ging es einen herrlichen Dammweg entlang, vorbei an einem Schaefer mit seiner Herde (die auf Befehle hoerte!) ab in den Nationalpark „Duna-Drava Nemzeti Park“. Mein Wunsch war es, endlich auch mal Rehe und Wildschweine zu sehen und Micha wollte ein Foto von seinen Puszta–Pferden im schoenen Licht machen. Die Wuensche gingen in Erfuellung! Zuerst kreuzte in langen Spruengen ein Reh unseren Weg, dann passierten wir zwei grasende Pferde im bezaubernden Licht ... Vorboten vom Kommenden, denn mitten im Wald angekommen, war es Abendbrotszeit fuer die Waldbewohner. Laeufer tummelten sich im Gras, Frischlinge hopsten ueber unseren Weg (die Bache machte sich mit den Kleinen in unserer unmittelbaren Gegenwart aus dem Staub), ein kraeftiger Keiler in der Naehe einer grossen Eiche, eine kleine Rehherde, laut schimpfende Fasane, ein Hase, Greifvoegel, Spechte und eine nach Mausen umherstreifende Hauskatze. Beim Hineinlauschen in den Wald hoerte man ueberall ein Rascheln, Schnaufen, Knacken und, das war Wahnsinn, ein Roehren vom Hirsch, welcher ganz nah schien! Dieses Fleckchen Natur war unglaublich fuer uns! Voller geheimnisvollem Waldzauber im Herzen radelten wir in Baja hinein und wuenschten uns mit einer Pizza im Bauch eine gute Nacht. Herberge: Campingplatz auf der Insel "Petöfi Sziget".
Der naechste Tag begann sehr ruhig mit einem Fruehstueck an der Donau und Musik auf dem Cavaquinho. Die Begleitung gab die Rathausuhr, die stuendlich ihr Lied in Baja erklingen liess. Eine schoene Idee fanden wir. Nachdem Micha ausreichend Ruhe und Kraft getankt hatte (er brauchte sie an diesem Tag, wollte es jedoch nicht zugeben), stiegen wir auf unsere Raeder und wollten nur noch kurz einen Abstecher ins Internetcafe machen. Aus kurz wurde lang mit zwei Kaffees und Blick auf die Donau. Nun standen wir vor der Uhr, die uns schmunzelnd die Zahl 16 anzeigte und fragten uns, ob es sinnvoll ist, jetzt noch zu starten. Wir beschlossen: Ja, wenigstens die 30 km nach Újmohács. Jedoch fanden wir nicht den rechten Weg aus Baja hinaus und trafen stattdessen nach einigem Umherirren und Fragen Miklós vor seinem kleinen Haus, welches Katzen, Hund, Pferde, Schafe und Fische beherbergte. Der Weg war nun richtig, die Uhr zeigte bestimmt schon 16.30 Uhr an und Miklós lud uns ein, die Nacht bei ihm zu verbringen. Wir sagten zu und haben an diesem Tag ganze 4 km geschafft. Micha spuelte den Trotz darueber mit einem Bad im Donauwasser weg und ich mit einer traditionellen Fischsuppe und Wein.
Abends sprachen wir ueber Interessen, Wuensche und teilten vergangene Momente, fotografisch festgehalten. Vielen Dank, Miklós, fuer diesen schoenen Abend und deine Gastfreundschaft!



Ungarns Hauptstadt
In Budapest (29.09. bis 03.10.) sammelten wir unsere ersten Erfahrungen mit Couchsurfing.de. Csenge empfing uns herzlich und ich konnte bei Wein und leckerem Abendbrot mein Englisch aus den Tiefen meines Gedaechtnisses ans Licht holen. Und dann statteten wir in den naechsten drei Tagen Budapests Sightseeings einen Besuch ab. Genannnt seien hier einfacg ein paar: Matthiaskirche, Fischerbastei, Parlament, Heldenplatz, Margareteninsel, Gellertberge, Synagoge und und und.
Was haben wir jedoch Besonderes erlebt? Wir lernten Adam kennen, einen Freund von Csenge, der uns ab der zweiten Nacht bei sich beherbergte. Er liess uns das landestypische Essen, den traditionellen Volkstanz, die naechtliche Kneipenszene Budapests... kurzum einen Teil der unglaublichen Vielfalt erleben. Köszönöm szépen, Adam!
Ein weiteres Highlight war Capoeira mit Mestre V.T. Micha liess sich vom genialen Training und seiner Leidenschaft fuer Capoeira fuer zwei Stunden treiben und fiel mit Blick auf die vergangene Fahrradtour spaetestens jetzt erschoepft um. Köszönöm szépen, Mestre V.T.!
Wir bedankten uns bei Adam mit einem Essen „Paprika a la Horánszky utca“ (Strasse, in der wir wohnen durften) und machten uns am folgenden Tag (Mo) wieder auf den Weg.